Vielleicht kennst du das, wenn du die Bedürfnisse anderer vorwegnimmst und Dinge tust oder sagst, von denen du GLAUBST, dass sie andere von dir erwarten, obwohl es sich für dich eigentlich nicht ganz richtig anfühlt.
Wenn du es anderen möglichst Recht und bequem machen willst, weil du nicht „anstrengend“ oder „zu viel“ sein willst.
Wenn du dich verbiegst wie eine Brezel, um dich den Meinungen, Bedürfnissen und Erwartungen anderer anzupassen.
Wenn du das unangebrachte, uneinfühlsame oder sogar respektlose Verhalten anderer tolerierst, weil sie dir eigentlich Leid tun und du intuitiv spürst, wie sehr sie selbst leiden.
Wenn du die Bedürfnisse anderer immer vor deine eigenen stellst, vor allem, je näher dir diese Person emotional steht.
Das nennt man „People Pleasing“ oder, wie ich es auch gerne nenne, das „Everybody’s-Darling-Syndrom“.
Ich war die größte Zeit meines Lebens ein solcher People Pleaser, hauptsächlich in meinen Liebesbeziehungen. Und mir war es überhaupt nicht bewusst – es war für mich „normal“; es war meine Realität. Es hat mich sehr sehr krank gemacht.
Je mehr ich diesen Menschen liebte und kannte, desto mehr spürte ich seine ungeheilten emotionalen Wunden, desto mehr sah ich das Leid hinter seinen Aktionen. Ich wollte diesen Menschen „retten“, weil ich seinen verborgenen emotionalen Schmerz kaum aushalten konnte UND – weil ich dadurch davor flüchtete, mich um mein eigenes inneres Kind zu kümmern und um Bestätigung, Liebe und Anerkennung zu bekommen.
Eigentlich ist People Pleasing eine Art der (unbewussten) Manipulation. Denn immer, wenn du für andere etwas tust oder sagst, was du eigentlich nicht möchtest und dich dabei selbst verleugnest, versuchst du die Person unbewusst an dich zu binden, weil du von ihr ANERKANNT, GELIEBT oder GEWERTSCHÄTZT werden möchtest. Und nicht, weil du aus freien Stücken etwas gibst und dein authentisches Selbst lebst.
Das unbewusste Programm lautet: „Ich verleugne meine eigenen Bedürfnisse für deine, und DAFÜR möchte ich von dir Aufmerksamkeit und Liebe.“ Das ist ein falscher Deal, denn du bist weder zu dir selbst, noch zu der anderen Person aufrichtig und ehrlich.
Beziehungen und Verbindungen, die aus solchen Dynamiken bestehen, werden früher oder später extrem toxisch und sind sehr sehr ungesund. Sie können sich nie leicht, unbeschwert und erfüllend anfühlen, weil sie kein solides und authentisches Fundament haben.
Es ist ein Muster, das entstanden ist, als du noch ein Kind warst. Wenn du aus irgendwelchen Gründen als Kind verinnerlicht hast, dass deine Bedürfnisse weniger wichtig sind als die anderer, dass du vielleicht sogar bestraft wurdest, wenn du deine Bedrüfnisse geäußert hast oder wenn dir von deinen Bezugspersonen kein Raum für deine Befindlichkeiten, Emotionen und Bedürfnisse gegeben wurde, hast du sehr früh eine Überlebensstrategie entwickelt, um nicht vergessen zu werden:
Du hast sehr feine Antennen für die Befindlichkeiten, Stimmungen und Emotionen anderer Menschen entwickelt und gelernt, dich perfekt daran anzupassen. Dies ist eine traumatisierende Erfahrung für ein Kind und wird tief im Mind-Body-System gespeichert. Das dazugehöroge Bewältigungs-Muster läuft daher heute noch auf Autopilot ab, obwohl du längst erwachsen bist.
Oft gehen mit diesem Muster große Verlust- und Verlassensängse einher, sowie die Unfähigkeit, Grenzen zu setzen, die eigene Wahrheit zu sprechen und oft fehlt das Gefühl für eigene Bedrüfnisse sogar ganz.
Dein Gehirn, die neuronalen Netzwerke, dein Nervensystem sowie dein ganzer Emotions-und Hormonhaushalt ist auf dieses eine Muster perfekt eingestellt und reagiert daher in bestimmten Situationen immer mit denselben Denk,- Gefühls- und Verhaltensmustern deinerseits.
Dieses unbewusste Programm darf nun Stück für Stück „geupdatet“ oder „umprogrammiert“ werden. Achtung: das Ganze ist ein Prozess und kein Schalter, den man einfach umlegen kann. Es braucht Geduld, Kontinuität und Vertrauen.
Den ersten Schritt hast du schon getan: du liest gerade diesen Artikel, was bedeutet, dass du dir dieses Verhaltens schon mehr oder weniger BEWUSST bist. Das ist so so wichtig, denn nur was uns bewusst ist, können wir heilen.
People Pleasing ist nichts, wofür man sich schämen müsste.
Hier reiße ich den Umprogrammierungs-Prozess so gut es geht an:
1. Ganz wichtig hierbei ist, wieder den Kontakt und Zugang zu deinen eigenen Gefühlen, Emotionen und Bedürfnissen zu finden. Da alle Emotionen und unausgedrückten Gefühle im Körper gespeichert werden, finden wir den Zugang zu unseren Emotionen am Besten durch den Zugang zu unserem Körper – sprich, bewussten Sport und bewusste Körperbewegungen.
Auch die Atmung ist DER wertvolle Schlüssel, um dich tief mit dem Bewusstsein für deinen Körper zu verbiden. Am besten eignet sich hiefür Yoga, denn hier werden bewusste Körperbewegungen mit tiefer Atmung verbunden. Yoga ist daher auch Trauma-Arbeit. Du findest unter meinen Freebies eine kostenfreie Anleitung zur tiefen Bauchatmung “Der Belly Breath“ sowie einen Guide für einfache Yoga-Übungen „Der 5 Tibeter Guide“.
2. Boundaries, Baby. Ich werde nicht müde, dir zu erzählen, wie überlebenswichtig es ist, zu lernen, deine Wahrheit zu sprechen und authentisch Grenzen zu setzen.
Wenn man das nie gelernt hat, ist das am Anfang unfassbar schwierig. Aber wenn du nicht deine eigenen Grenzen, Werte und Bedrüfnisse kennst und bedingungslos verteidigst, wirst du immer wieder Grenzüberschreitungen erfahren und immer wieder in die Rolle des People Pleasers fallen. Wenn du eine Weile die Verbindung zu deinem Körper und deinen Emotionen vertieft hast, wirst du immer mehr spüren, was für dich geht und was nicht – und dann geht es darum, dies klar, bestimmt und freundlich nach außen zu kommunizieren. Wie du klare Grenzen setzt und authentisch deine Wahrheit spichst, lernst du in meinem online „Boundary Bootcamp“ .
3. Glaubenssatz-Arbeit durch Journaling und Affirmationen. Glaubenssätze sind unbewusste Überzeugungen, durch deren Filter du deine Welt und Realität wahrnimmst.
Die Glaubenssätze der meisten People Pleaser sind Folgende:
-
ich bin nicht liebenswert
-
ich bin nicht richtig
-
um geliebt zu werden, muss ich mich für andere aufopfern
-
meine Bedürfnisse sind nicht wichtig
-
wenn ich ich selbst bin, werde ich verlassen
Wenn du, wie ich es sehr lange gemacht habe, mit diesen Sätzen als Programmierung durch dein Leben gehst, kann das Leben nicht lebenswert sein, da du immer Menschen, Situationen und Dynamiken anziehst, die dir diese inneren Überzeugungen bestätigen werden.
Schreibe dir diese Affirmationen jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen oder abends direkt vor dem Schlafengehen für mindestens 30 Tage, am Besten viel länger, handschriftlich auf und versuche, sie zu FÜHLEN:
-
ich bin liebenswert
-
ich bin genau richtig, wie ich bin
-
ich bin es wert, bedingungslos geliebt zu sein
-
meine Bedürfnisse sind wichtig
-
es ist sicher, authentisch meine Wahrheit zu sprechen
Das ist schon Mal ein kleiner Anfang, den du aktiv jeden Tag für dich tun kannst, um neue neuronale Verknüpfungen in deinem Gehirn anzulegen und entsprechende neue Gefühle zu fühlen, deine Energie zu verändern und neue Entscheidungen zu treffen.
4. Emotions-Management. Du musst es fühlen, um es zu heilen. Fast alle People Pleasers haben eine unmenge an unausgedrückten Emotionen gespeichert und viele, einschließlich mir, haben nie gelernt, authentisch und gesund ihre Emotionen auszuleben.
Das ist ein fundamentales Skill. Der wichtigste Step ist erst Mal, ALLEN Emotionen Raum zu lassen, sie zuzulassen, sie zu fühlen. Ein Gefühl dauert nie länger als 90 Sekunden. Nur, wenn wir an ihm festhalten, kann es Stunden, Tage oder sogar Jahre dauern. Es gibt verschiedene Techniken, wie EFT (Emotional Freedom Technique) um dich aus einem akuten unangenehmen Gefühl selber rauszuholen. Lies dazu auch meinen Blogartikel „Wie du dich aus einem unangenehmen Gefühl selbst rausholen kannst.“ Einen SOS-Guide für den Umgang zu unangenehmen Gefühlen findest du in meinen Freebies.
5. Inneres-Kind-Arbeit. Das hier ist so vielschichtig, dass es dazu bald einen extra Blogartikel geht. Hier geht es darum, die verletzten inneren kindlichen Anteile in dir liebevoll anzunehmen und zu heilen.
Das geht mit „ReParenting“: du wirst zu dem Elternteil, das du gebraucht hättest, als du ein Kind warst. Mit liebevoller Geduld kümmerst du dich um deine Bedürfnisse, gibst dir Zeit zu spielen, dich auszuruhen, grenzt dich ab, sorgst dich gut um deine emotionalen und körperlichen Belange. Ab dem Moment, ab dem du anfängst, wirklich Verantwortung für dich, deine Gefühle, Bedürfnisse und DEIN inneres Kind zu übernehmen, wirst du automatisch aufhören, der Babysitter für die verletzten inneren Kinder eines anderen zu sein.
Du findest eine von mir geführte Meditation zur Heilung des inneren Kindes online zusammen mit meinem „Boundary Bootcamp“.
6. Radikal ehrliche Selbstbeobachtung. Werde dir bewusst, bei welchen Menschen und in welchen Situationen du in die People-Pleaser-Rolle fällst.
Gewöhne dir an, innezuhalten, bevor du reagierst, antwortest oder etwas zusagst. Fühle in dich rein und frage dich: will ich das wirklich? Ist das okay für mich? Oder tue oder sage ich das nur, weil ich glaube, dass der andere es von mir erwartet? Tue oder sage ich etwas, weil ich will, dass der andere mich mag? Erwarte ich etwas zurück oder gebe ich des Gebens willen?
Nur wenn du deine Muster genau beobachtest, kannst du neue Entscheidungen treffen und bewusst Stück für Stück deine Reaktionsmuster verändern.
Dies hier sind einige fundamentale Schritte, um aus der People-Pleaser- und Babysitter-Rolle auszusteigen. Das Thema ist sehr komplex und vielschichtig und falls du dir Unterstützung bei deinen ganz persönlichen Themen wünschst, ist mein 1:1 Online-Badass-Training was für dich.