Was ist die „Mutterwunde“?
Vielleicht fragst du dich jetzt „Mutterwunde? WTF is Mutterwunde?!“
Als ich das Wort zum ersten Mal gehört habe (auf Englisch: „The Motherwound“) hat tief in mir etwas resoniert und seitdem habe ich mich unter anderem sehr intensiv damit beschäftigt.
Wir kennen alle das Image der bedingungslos liebenden Bilderbuch-Mutter, die sich aufopfernd und liebevoll um ihre Kinder kümmert. Wenn du eine solche Mama hattest, herzlichen Glückwunsch. Das ist besser als jeder 6er im Lotto. Dann brauchst du an dieser Stelle nicht weiterlesen.
Wenn du eine solche Mama NICHT hattest – ebenfalls herzlichen Glückwunsch, denn dann ist hier und heute der richtige Zeitpunkt, das Beste daraus zu machen und dein inneres Badass rauszulassen.
Die Mutterwunde ist eine emotionale Wunde, die entsteht, wenn wir nicht die Liebe, Anerkennung und Bestätigung von unserer Mutter bekommen haben, die wir gebraucht hätten und wenn sich dieses emotionale Abhängigkeitsverhältnis noch bis ins Erwachsenenalter hinzieht.
Wenn du, obwohl du längst eine erwachsene Frau bist, unebwusst immer noch sehr darauf fixiert bist und darauf wartest, in einem übermäßig hohen Maß Anerkennung und Bestätigung von deiner Mutter zu bekommen und dein Selbstwert extrem davon abhängt, wie sehr deine Mutter dir diese Bedürfnisse erfüllt. Stichwort: emotionale Abhängigkeit.
Mutterwunden, also all der ungelöste emotionaler Schmerz, Traumata, Ängste, können von Generation zu Generation unbewusst weitergegebn, übertragen und projiziert werden, so lange, bis jemand diesen Kreislauf erkennt und durchbricht.
Im übergeordneten Sinne ist die Mutterwunde auch das „verwundete Feminine“ in einer patriarchischen Welt, also die Energie der Unterordnung, Unterdrückung und Aufopferung des Femininen.
In diesem Blogartikel möchte ich mich jedoch auf die „direkte“ oder „persönliche“ Mutterwunde konzentrieren.
Als Kind war das Erwarten und „Brauchen“ der mütterlichen Fürsorge ein überlebenswichtiger Mechanismus, denn als kleines Mädchen WAREN wir in der Tat von unserer Mutter abhängig.
Als erwachsene Frauen sind wir es – rein objektiv betrachtet – nicht mehr. Wir sind absolut in der Lage, ein eigenständiges, selbständiges Leben zu führen und eigene Entscheidungen unabhängig von unserer Mutter zu treffen. Eigentlich.
Wenn wir als Baby auf die Welt kommen, ist das Durchtrennen der Nabelschnur die erste symbolische Trennung von der Abhängigkeit von unserer Mutter.
Es gibt aber noch eine zweite Nabelschnur. Es ist eine energetisch-emotionale Nabelschnur, die uns mit unserer Mutter verbindet. Viele von uns Frauen haben diese energetisch-emotionale Nabelschnur nie gekappt und sind sich dessen nicht bewusst.
Diese Nabelschnur hält dich in einem emotionalen Abhängigkeitsverhältnis deiner Mutter gegenüber gefangen.
Der energetisch-emotionale Abnabelungsprozess ist sehr wichtig, da wir nur so die SELBST-BEWUSSTE, SELBSTÄNDIGE UND SELBSTBESTIMMTE Frau werden können, für die wir bestimmt sind. Mit einer eigenen Meinung, einem eigenen Leben und mit einem Selbstwertgefühl, das nicht mehr an die Aufmerksamkeit und Liebe unserer Mutter gekoppelt ist.
Es kostet viel Mut, anzuerkennen, dass unsere Mutter keine perfekte Mutter für uns war. Wir fühlen uns aus Loyalität dazu verpflichtet, tiefe Dankbarkeit unserer Mutter gegenüber zu empfinden, einfach, weil sie unsere Mutter ist.
Viele von uns verwechseln Loyalität unserer Mutter gegenüber mit Loyalität ihren Wunden gegenüber und wir unterdrücken damit unser wahres Selbst.
Oft möchten wir unbewusst unsere Mutter „retten“ vor ihren eigenen ungeheilten emotionalen Wunden und fühlen uns dann für ihre Gefühle verantwortlich.
Die Wahrheit ist: kein Kind kann seine Mutter retten. Auch du deine nicht. Und: es ist auch gar nicht deine Aufgabe.
Oft haben wir das Gefühl, uns entscheiden zu müssen zwischen Selbstermächtigung und Geliebtwerden. Aber das müssen wir nicht. Wir können beides haben.
Die einzige Verbindung, die wir zu unserer Mutter haben sollten, ist eine freie, respektvolle und wertschätzende Verbindung ohne Abhängigkeitsverhältnisse. Und ohne dem unbewussten Gefühl, von ihr etwas zu „brauchen“, was sie uns vielleicht niemals geben kann oder ihr etwas schuldig zu sein.
Auch Mütter sind nur Menschen. Menschen machen Fehler. Und das ist okay.
Nicht okay ist, wenn wir uns von den Fehlern unserer Mütter unser Leben definieren lassen und Altlasten mitschleppen, die gar nicht die unseren sind. Es geht hier NICHT darum, unsere Mamas als Rabenmütter zu labeln oder einen Sündenbock für unsere Minderwertigkeitskomplexe zu suchen. Im Gegenteil. Wir wollen Verantwortung für unser Leben übernehmen, hier und heute. Und den ersten Schritt hast du schon getan, in dem du diesen Blogartikel liest.
Wir halten fest:
- Mütter sind Menschen und Menschen machen Fehler.
- Die meisten Mütter tun ihr Bestes aus ihrem Level an Bewusstsein heraus.
- Viele Mütter projizieren ihre eigenen emotionalen Wunden auf ihre Kinder. Unbewusst.
- Viele Mütter haben selbst nicht das von ihrer Mutter bekommen, was sie gebraucht hätten. Was man selbst nicht hat, kann man nicht weitergeben.
- Die meisten Mütter meinen es gut. Auch wenn „gut gemeint“ nicht immer „gut gemacht“ heißt.
- Es ist vollkommen natürlich, dass wir uns als Kind (egal wie alt wir sind) von unserer Mutter ein gewisses Maß an Liebe, Aufmerksamkeit und Anerkennung wünschen. Das ist menschlich und vollkommen in Ordnung.
- Es ist vollkommen natürlich, dass es einen Teil in uns traurig macht, wenn wir diese Liebe, Aufmerksamkeit und Anerekennung nicht bekommen, so wie wir sie gerne hätten. Es ist okay, darüber traurig zu sein.
- Und was noch viel okayer ist: Du darfst dich hier und heute dafür entscheiden, die energetische Nabelschnur zu kappen und deinen Wert als Mensch und Frau nicht mehr von deiner Mutter abhängig zu machen. Das bedeutet NICHT, dass du deine Mutter nicht mehr liebst, sondern nur, dass du nicht mehr der emotionale Sklave ihrer Aufmerksamkeit, Bedürfnisse und Meinungen bist.
Wie du erkennst, dass du eine Mutterwunde hast
- du willst es deiner Mutter immer Recht machen und fällst oft in die People-Pleaser-Rolle
- du stellst ihre Bedürfnisse über deine eigenen
- du setzt keine Grenzen und kannst ihr nicht „Nein“ sagen
- du bist es von klein auf gewöhnt, von ihr kritisiert und mit anderen verglichen zu werden
- du tolerierst respektloses und grenzüberschreitendes Verhalten ihrerseits, verbal, nonverbal, emotional oder physisch
- du fühlst dich für ihre Gefühle verantwortlich
- du hast Angst deine Wahrheit zu sprechen, weil du sonst mit Liebesentzug rechnen musst
- du fühlst dich nur geliebt, wenn du etwas geleistet hast
- du bekommst nur Anerkennung und Wertschätzung, wenn du ihren Vorstellungen entsprichst
- du lässt dich sehr von ihrer Meinung, ihrer Kritik und ihrer Stimmung beeinflussen
- du hast ein unterschwelliges „Verpflichtungsgefühl“ ihr gegenüber
- du traust dich nicht, ihr deine ehrliche Meinung zu sagen
- du hast das Gefühl, es ihr nie Recht machen zu können, egal wie sehr du dich anstrengst
- ihre Liebe und Anerkennung dir gegenüber ist an Bedingungen geknüpft
- du fühlst dich verpflichtet, all ihren Forderungen und Ansprüchen nachzukommen, egal, ob sich das für dich gut anfühlt oder nicht
- du versuchst mit allen Mitteln, ihr zu gefallen
- die Beziehung zu deiner Mutter kannst du bist heute als „schwierig“ oder „belastend“ beschreiben
- die Verhaltensweisen, die durch die Mutterwunde entstanden sind, (nicht deine Meinung sagen zu können, es anderen immer Recht machen zu wollen, das Gefühl zu haben, nie wirklich geliebt zu sein) zieht sich durch all deine Lebensbereiche, vor allem auch durch deine Liebesbeziehungen (emotionale Abhängigkeit, Verlustängste, Co-Abhängigkeitsverhältnisse)
Diese Liste ist nur ein Auszug. Wenn du dich in mindestens einem dieser Punkte wiedererkennst, kannst du davon ausgehen, dass es Zeit ist, die energetische Nabelschnur zu kappen – denn du brauchst sie nicht mehr.
Was ist der Preis, wenn du diese Wunde nicht anschaust:
- das subtile, permanente Gefühl, dass etwas mit dir nicht richtig ist
- nicht dein volles Potential ausleben aus Angst vor Ablehnung oder Scheitern
- keine Boundaries, keine klaren Grenzen setzen zu können
- ein unklares Gefühl darüber, wer du bist
- du fühlst dich nicht wert oder fähig genug, dir das Leben zu kreieren, das du dir wünschst
- du fühlst dich nicht sicher, deinen Platz im Leben einzunehmen und deine Wahrheit zu sprechen
- du arrangierst dein Leben um die Bedürfnisse anderer Menschen herum
- du wartest unbewusst auf die Anerkennung oder Erlaubnis deiner Mutter um ein eigenständiges Leben zu führen
Wie du diese Wunde Stück für Stück heilst
Die Mutterwunde ist im Grunde eine Selbstwert-Wunde. Während wir als Kind unseren Selbstwert aus unseren Fürsorgepersonen heraus entwickeln, weil es zu dieser Zeit DEREN Verantwortung ist, ist es heute UNSERE Verantwortung.
Ja, Badass. Es ist einzig und allein DEINE Verantwortung, dich um deinen Selbstwert zu kümmern und ihn zu stärken, zu nähren und zu pflegen.
Dein inneres Mädchen braucht dich, Badass.
Denn auch du bist mittlerweile eine Mutter.
Du bist die Mutter deines inneren Kindes. Gibt ihm all das, was du dir von deiner eigenen Mutter gewünscht hättest. (Und bevor du „echte“ Kinder in die Welt setzt, wisse, dass alles, was du emotional an dir nicht geheilt hast, auf deine Kinder übertragen wird. )
Hier in Stichpunkten die wichtigsten Steps zu Heilung der Motherwound:
Annehmen & Verzeihen
Sieh deine eigene Mutter als das, was sie ist. Ein tief fühlendes, menschliches Wesen, mit Ängsten, Sorgen und emotionalen Wunden. Habe Mitgefühl mit allem, was deine Mutter hier und heute ist. Du erwartest von ihr bedingungslose Annahme deiner Selbst – vielleicht kannst du versuchen, diese bedingungslose Annahme auch IHR gegenüber zu kultivieren. Erstmal nur für dich, im Stillen. Emotinal-energetisch. ( Das heißt NICHT, dass du toxische und manipulative Verhaltensweisen ihrerseits hinnehmen und entschuldigen sollst!)
Mache eine Liste für ALLES, wofür du deiner Mutter dankbar bist. Sei ihr dankbar für alles, was sie dir geben und NICHT geben konnte.
Weißt du, wie ihre Kindheit war? Wie IHRE Mutter sie behandelt hat? Welche emotionalen Wunden SIE in sich trägt? Wenn nein, ist es an der Zeit, das herauszufinden. Um Mitgefühl und Verständnis zu entwickeln für ihr Denken und Handeln dir gegenüber. Nochmal: das soll KEINE Entschuldigung für eventuelle emotionale Gewalt ihrerseits dir gegenüber sein.)
Versuche, ihr zu verzeihen. Du verzeihst für DICH. Nicht für sie.
Mental-Trainings-Übung:
Mache diese Übung jeden Tag für ein paar Minuten für mindestens 4 Wochen.
Sorge dafür, dass du ungestört bist und mach es dir an einem ruhigen Ort gemütlich.
Schließe deine Augen. Mache 5 tiefe Belly Breaths (lade dir hierzu mein Freebie „Der Belly Breath“ runter) und stelle dir vor, wie du und deine Mama euch gegenübersteht und über eine Nabelschnur miteinander verbunden seid.
Nun stelle dir vor, wie dein Höheres Selbst, (der Teil in dir, der vollkommen heil, unantastbar, selbstbestimmt und voller Liebe ist) als dritte Person zu euch kommt und mit einer goldenen Schere diese Nabelschnur durchtrennt. Sieh, wie ihr nun zwei vollkommen eigenständige Menschen und nicht mehr durch ein Abhängigkeitsverhältnis aneinander gekettet seid.
Stell dir vor, wie jeweils weißgoldenes Licht deine Mutter und dich umhüllt. Fühle, wie ein warmes, nährendes und friedliches Gefühl dich durchströmt. Wenn du möchtest, kannst du in deiner Vorstellung nun sehen, wie du und deine Mama euch umarmt. Und fühle, wie bedingungslose Liebe und Annahme euch verbindet. Dann dürft ihr euch aus der Umarmung lösen.
Dann sieh, wie euere Herzen energetisch miteinander verbunden sind. Vielleicht durch ein weißgoldenes Licht auf Herzensebene. Bedinungslos, wertfrei und voller Frieden.
Fühle, wie frei du dich fühlst und gleichzeitig verbunden mit dir selbst. Und wie auch deine Mutter sich frei und verbunden fühlt.
Mache diese mental-emotionale Übung wirklich jeden Tag für mindestens 4 Wochen. Rechne am Anfang mit mentalem Widerstand oder mit wilden Gefühlen. Das ist ein natürlicher Teil des Prozesses. Diese Übung mach langfrsitig viel mit der Dynamik zwischen dir und deiner Mutter.
Inneres Kind-Arbeit / Re-Parenting
Lies hierzu meinen Blogartikel „Wie du dein inneres Mädchen heilst.“
Hole dir meine heilsame Meditation „Reise zu deinem inneren Mädchen“ (gibt’s als Geschenk zum „Boundary Bootcamp“).
Boundaries
Lies hierzu meinen Blogartikel „Wie du mit einem narzisstischen Elternteil umgehst“
Und hol dir mein „Boundary Bootcamp“, wo du lernst, authentisch deine Wahrheit zu sprechen und klare Grenzen zu setzen.
Klare Grenzen setzen ist fundamentaler Bestandteil zur Heilung von emotionalen Wunden.
Lies auch meinen Blogartikel „Wie du emotionale Abhängigkeit erkennst und heilst“.
Habe Mitgefühl mit dir Selbst. Alle deine Gefühle sind gültig und haben ihre Berechtigung.
Indem du all deine Emotionen voll und ganz zulässt, kannst du heilen.